Reglement des Ehrengerichtes des Verbandes Schweizerischer Patentanwälte

 

1. Allgemeine Bestimmungen

1.1 Sitz des Ehrengerichtes

Der Sitz des Ehrengerichtes befindet sich am Sitz des Verbandes. Die Gerichtssprachen sind Deutsch und Französisch.

1.2 Besetzung des Ehrengerichtes

Das Ehrengericht tagt in der Besetzung mit seinem Präsidenten und den zwei Beisitzern. Die Besetzung erleidet für einen pendenten Fall bis zur Erledigung keine Änderung, selbst wenn die Amtsdauer der Mitglieder früher zu Ende gehen sollte; jedoch ist ein Mitglied zu ersetzen, wenn ein Ausschluss- oder Ausstandsgrund eintritt.

1.3 Ausschluss- und Ausstandsgründe

Die Mitglieder des Ehrengerichtes dürfen ihr Amt nicht ausüben, wenn sie

- nicht mehr dem Verband angehören;

- arbeits- oder amtsunfähig werden;

- in Bezug auf den zu beurteilenden Fall befangen sind;

- mit einer der Parteien verwandt, verschwägert oder assoziiert sind;

- von einer Partei gemäss Ziff. 2.3 eder 3.2 abgelehnt wurden;

- am Ausgang des Verfahrens ein eigenes unmittelbares Interesse besitzen.

1.4 Ersatz von Mitgliedern des Ehrengerichtes

Ist der Präsident des Ehrengerichtes wegen eines Ausschluss- oder Ausstandsgrundes zu ersetzen, so bestimmt der Präsident des Verbandes aus den Reihen der Beisitzer seinen Stellvertreter, welcher im betreffenden Fall des Amt des Präsidenten ausübt.

Ist ein Beisitzer zu ersetzen, so bestimmt der Präsident des Ehrengerichtes den neuen Beisitzer aus den Reihen der Ersatzleute des Ehrengerichtes; falls kein solcher mitzuwirken in der Lage ist, bestimmt der Präsident des Verbandes das Ersatzmitglied auf Antrag des Präsidenten des Ehrengerichtes.

1.5 Entscheid über die Zuständigkeit

Das Ehrengericht prüft von Amtes wegen die Zulässigkeit der Beschwerde bzw. des Antrages des Präsidenten des Verbandes auf Erlass einer Verbandsstrafe und es entscheidet endgültig über seine Zuständigkeit.

Betrachtet das Ehrengericht die Mitgliederversammlung des Verbandes als zuständig, so überweist es die Sache an den Präsidenten des Verbandes zur Weiterverfoigung durch die letztere.

1.6 Vertretung und Verbeiständung

Die Parteien dürfen sich vor dem Ehrengericht durch ein Mitglied des Verbandes, das weder Mitglied noch Ersatzmitglied des Ehrengerichtes ist, vertreten oder verbeiständigen lassen.

1.7 Verhältnis zur Mitgliederkommission

Das Ehrengericht ist nicht an Entscheide der Mitgliederkommission gebunden.

Mitglieder, die eine Handlung oder Unterlassung begangen haben, die durch einen gültigen Entscheid der Mitgliederkommission als zulässig erkannt wurde, können jedoch dafür vom Ehrengericht nicht rückwirkend verurteilt werden.

Falls des Ehrengericht in einem konkreten Fall anders als die Mitgliederkommission entscheidet, soll es seine Entscheidung mindestens auszugsweise allen Mitgliedern bekanntgeben.

 

2. Die Beschwerde

2.1 Formvorschriften

Die Beschwerde ist schriftlich beim Präsidenten des Verbandes einzureichen. Sie soll einen Antrag und eine kurze Darstellung des Sachverhaltes enthalten; gegebenenfalls ist dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Behebung formeller Mängel zu geben.

2.2 Vergleichsversuch

Der Präsident des Verbandes hat zunächst einen Versuch zur gütlichen Regelung zwischen den Parteien zu unternehmen. Führt dieser Versuch nicht zum Erfolg, so hat er die Beschwerde dem Präsidenten des Ehrengerichtes zu überweisen, der hierauf das Verfahren einleitet.

2.3 Einleitung des Verfahrens

Der Präsident des Ehrengerichtes stellt dem Beschuldigten eine Abschrift der Beschwerde zu, sofern dies nicht schon seitens des Präsidenten des Verbandes geschehen sein sollte. Gleichzeitig gibt er den Beteiligten die Zusammensetzung des Ehrengerichtes bekannt, unter Fristensetzung für die Geltendmachung allfälliger Ausschluss- und Ausstandsgründe. Den Beteiligten steht innert der gleichen Frist das Recht zu, einen der Beisitzer des Ehrengerichtes ohne Angabe von Gründen abzulehnen, jedoch nur einmal.

2.4 Schriftenwechsel

Nach erfolgter Konstitution des Ehrengerichtes stellt sein Präsident clerfn Beschwerdegegner Frist zur Einreichung der Beschwerdeantwort, diese soll einen Antrag mit kunzgefasster Begründung enthalten. Erforderlichenfalls ordnet der Präsident des Ehrengerichtes weitere Schriftenwechsel an. Der Präsident des Ehrengerichtes kann in jeder Phase des Verfahrens versuchen, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen.

2.5 Vorbereitungsverfehren

Nach Abschluss des Schriftenwechsels führt der Präsident des Ehrengerichtes das Vorbereitungsverfahren und das Beweisverfahren in Anlehnung an die Art. 34 und 35 BZP (SR 273) durch. Als Beweismittel werden Urkunden, Zeugen, der Augenschein und das Parteiverhör zugelassen. Zum Zwecke der Instruktion kann er jederzeit die Parteien persönlich einvernehmen. Den Parteien ist das rechtliche Gehör zu gewährleisten und es ist volle Akteneinsicht zu gewähren. Werden jedoch schutzwürdige Interessen einer Partei oder Dritter gefährdet, ordnet das Ehrengericht das zu ihrem Schutze Geeignete an.

2.6 Verhandlung

Nach Abschluss des Vorbereitungsverfahrens lädt der Präsident des Ehrengerichtes die Beteiligten zur Verhandlung vor dem Ehrengericht; das Verfahren ist in Anlehnung an die Art. 67 und 68 BZP (SR 273) durchzuführen. Die Verhandlung findet hinter geschlossener Türe statt. Sie kann erforderlichenfalls unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden.

Über die Anträge der Parteien und die Verfügungen des Gerichtes, sowie die wesentlichen Ausführungen der Parteien, ist Protokoll zu führen. Die Parteien sind auf unzulängliche Anträge aufmerksam zu machen und es ist ihnen Gelegenheit zur Änderung oder Verbesserung zu geben.

2.7 Entscheid

Das Ehrengericht berät seinen Entscheid nach Beendigung der Verhandlung in geheimer Sitzung. Es darf über die Anträge der Parteien nicht hinausgehen.

Der Entscheid des Ehrengerichtes ist endgültig.

Der Entscheid ist den Parteien schriftlich und mit Begründung zu eröffnen, unter Zustellung einer Kopie an den Präsidenten des Verbandes.

 

3. Der Antrag und der Beschluss auf Ausfällung einer Verbandsstrafe

3.1 Formvorschriften

Der Antrag des Präsidenten des Verbandes bzw. der Beschluss der Vereinsversammlung ist schriftlich beim Präsidenten des Ehrengerichtes einzureichen. Er soll einen Antrag und eine kurze Darstellung des Sachverhaltes enthalten.

3.2 Verfahren

Der Präsident des Ehrengerichtes stellt dem Beschuldigten eine Abschrift des Antrages des Präsidenten des Verbandes bzw. des Beschlusses der Vereinsversernrnlung zu und konstituiert sodann das Ehrengericht gemäss Ziff. 2.3 Abs. 2

Nach erfolgter Konstitution des Ehrengerichtes holt sein Präsident die Vernehmlassung des Beschuldigten ein.

Danach soll unmittelbar im Sinne der vorstehenden Ziff. 2.5 bis 2.7 verfahren werden; jedoch ist der Präsident in der Ermittlung des Tatbestandes im Vorbereitungsverfahren frei und das Ehrengericht ist an keine Anträge der Parteien gebunden.

 

4. Vollzug

Der Präsident des Verbandes vollzieht die Entscheide des Ehrengerichtes. Sofern sich eine Partei der Durchführung der entsprechenden Anordnungen widersetzt, meldet er dies dem Ehrengericht mit dem Antrag auf Erlass einer Verbandsstrafe.

 

5. Berichterstattung

5.1 An den Verband

Der Präsident des Ehrengerichtes berichtet an jeder ordentlichen Generalversammlung über die Tätigkeit des Ehrengerichtes und über allfällig ausgesprochene Verbandsstrafen unter Angabe der Tatbestände, jedoch ohne Namensnennung.

5.2 An die Mitglieder

Das Ehrengericht kann bei Einstimmigkeit beschliessen, das Dispositiv seines Entscheide mit zusammengefasster Begründung allen Verbandsmitgliedern sowie Dritten bekanntzugeben.

 

6. Kosten

Die Kosten des Verfahrens werden vom Verband getragen. Parteientschädigungen werden nicht ausbezahlt.

 

Von der Mitgliederversammlung im Sinne einer Revision des Reglementes vom 27. November 1946 am 10. März 1982 beschlossen, revidiert an der Mitgliederversammlung am 23. Mai 1997.